Änderung des Strafgesetzbuches zum Schutz von Einsatzkräften

„Der Bundesrat hat am 12.05.2017 das vom Deutsche Bundestag bereits am 27.04.2017 angenommene Gesetz zum besseren Schutz von Polizisten und Rettungskräften gebilligt und der Bundespräsident hat das Gesetz unterzeichnet und bekanntgegeben. Nunmehr werden tätliche Angriffe auf Polizisten und Rettungskräfte härter bestraft werden. Ein neuer Straftatbestand sieht für Übergriffe bei einfachen Diensthandlungen wie Streifenfahrten oder Unfallaufnahmen Haftstrafen bis zu fünf Jahren vor. Bisher droht Angreifern dies nur bei Vollstreckungshandlungen wie Festnahmen.


Kommt es bei der Ausübung des Dienstes zu einem Angriff auf Vollstreckungsbeamte, werden diese nicht als Individualpersonen angegriffen, sondern als Repräsentanten der staatlichen Gewalt. Daher zielt der Gesetzentwurf auf eine Stärkung des Schutzes dieser Personengruppe. Die Tatbegehungsform des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte wird aus § 113 StGB herausgelöst und in § 114 StGB als selbständiger Straftatbestand mit verschärftem Strafrahmen (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren) ausgestaltet. Der neue Straftatbestand verzichtet für tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte auf den Bezug zur Vollstreckungshandlung. Damit werden künftig tätliche Angriffe gegen Vollstreckungsbeamte auch schon bei der Vornahme allgemeiner Diensthandlungen gesondert unter Strafe gestellt. Über die angepasste Verweisung für Hilfskräfte der Feuerwehr, des Katastrophenschutzes und der Rettungsdienste kommen die Änderungen auch diesem Personenkreis zu Gute (§ 115 StGB).


Darüber hinaus werden die Regelbeispiele für den besonders schweren Fall (§ 113 Absatz 2 Satz 2 StGB) des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte erweitert. Künftig liegt ein besonders schwerer Fall bereits dann vor, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe bei sich führt, aber gar nicht verwenden möchte. Die vorgeschlagenen Änderungen sollen auch Rettungskräften zu Gute kommen.


Erfreulich ist, dass als Ergebnis der Expertenanhörung im Gesetzentwurf auch ein „Gaffer-Paragraph“ geschaffen wurde. Ein Behindern von Rettungs- oder Hilfeleistungen wie das Blockieren einer Rettungsgasse steht künftig unter Strafe. § 323c Absatz 2 StGB stellt die Behinderung von Personen unter Strafe, die bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Dritten Hilfe leisten oder leisten wollen. Damit erweitert die Vorschrift letztlich den Schutz von Personen (d. h. deren Leben oder Gesundheit) oder Sachwerten in entsprechenden Situationen vor Gefahren durch eine verzögerte oder verhinderte Hilfeleistung, ohne dass es insoweit auf den Nachweis einer Kausalität des behindernden Verhaltens ankommt.


Das Tatbestandsmerkmal des Behinderns im Sinne des § 323c Absatz 2 StGB setzt eine spürbare, nicht unerhebliche Störung der Rettungstätigkeit voraus. Daher müssen die Hilfsmaßnahmen der hilfeleistenden Person mindestens erschwert werden, wie zum Beispiel durch Beschädigung von technischem Gerät, durch Versperren eines Weges, durch Nicht beiseitetreten, durch Blockieren von Notfallgassen oder durch Beeinträchtigung der Tätigkeit von Ärzten und Krankenhauspersonal in der Notaufnahme.


Da die Strafbarkeit allein an das Behindern einer hilfeleistenden Person anknüpft, kommt es nicht darauf an, ob sich dieses Verhalten konkret negativ für die Person oder die Sache auswirkt, der die Hilfeleistung zugutekommen soll. Die Strafbarkeit tritt also beispielsweise auch dann ein, wenn das Opfer trotz der Behinderung von anderen Personen gerettet werden konnte oder eine Rettung des Opfers gar nicht mehr möglich war, weil es zum Zeitpunkt der Behinderung einer hilfeleistenden Person bereits verstorben war.


Die Strafbewehrung des reinen Behinderns einer hilfeleistenden Person ergänzt den Schutz, den § 323c StGB den geschützten Rechtsgütern durch die Unterstrafestellung der unterlassenen Hilfeleistung zukommen lässt. Denn § 323 StGB fordert eine sofortige Hilfeleistung; nach der Rechtsprechung ist bereits eine zeitliche Verzögerung strafbewehrt. Eine Schädigung des Opfers tritt regelmäßig schon infolge einer Verzögerung der Hilfe ein, weil dadurch die Lage des Verunglückten zunehmend verschlimmert wird. Hierbei kommt nicht nur die erhöhte Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit des Opfers in Betracht, sondern es müssen auch die Vermehrung und Verlängerung von Schmerzen berücksichtigt werden (BGH, Urteil vom 08.04.1960 – 4 StR 2/60).


Quelle:  Nds.  Städtetag vom 24.05.2017